Sapiosexualität: Wenn Intelligenz anmacht

Es ist schon spannend, wie vielfältig und unterschiedlich die menschliche Sexualität orientiert sein kann: Heterosexuell, bisexuell, homosexuell, pansexuell, asexuell. Mit diesen Begriffen beschreiben wir, mit welchem Geschlecht wir es gern treiben. Mit Männern, mit Frauen, mit beiden, mit allen (auch über die zwei klassischen Geschlechter hinaus), mit niemandem. Den einen ist es dabei ganz egal, welches Geschlecht der oder die andere nun hat. Die anderen sind zwar vielleicht auf ein bestimmtes Geschlecht festgelegt, nur am Sex mit demselben nicht.

Und jetzt gibt es noch etwas Neues: Sapiosexuell. Während sich die einen darüber streiten, ob an dem Satz „Dumm fickt gut“ etwas dran ist, werden die anderen von einem intelligenten Gegenüber so richtig angetörnt. Dabei würde ich allerdings meinen, dass das nicht die sexuelle Orientierung im eigentlichen Sinne betrifft. Aber wer weiß, ob sich nicht jemand, der gerade so richtig in Fahrt gekommen ist, auch darüber hinweg setzt. Allzu viel Forschung dürfte es hierzu noch nicht geben. Aber was ist denn Sapiosexualität überhaupt?

Intelligenz hat einen hohen Stellenwert in der Wahrnehmung

Der Begriff Homo sapiens steht für die letzte noch lebende Art der Gattung Homo. Homo sapiens, das sind wir Menschen, die wir heute mit plus minus sieben Milliarden Exemplaren die Erde bevölkern. Das „sapiens“ bedeutet hierbei „weise“, der weise Mensch also. Ob wir wirklich so weise und intelligent sind, wie wir immer glauben, sei dahingestellt. Häufig genug jedenfalls können wir nicht über den Tellerrand hinausblicken. Nun ist unter diesen sieben Milliarden die Intelligenz sehr unterschiedlich verteilt. Je mehr einer davon hat, desto erregender findet das nun der oder die Sapiosexuelle. Dabei ist das Äußere zumindest nebensächlich. Es geht hier vor allem um den berauschenden Intellekt des jeweiligen Gegenübers. Das ist vor allem dann nachvollziehbar, wenn man selber auch einiges vorzuweisen hat. Denn dann sprechen beide auf Augenhöhe und können sich gegenseitig intellektuell beflügeln. Und wie wir ja wissen, ist das Gehirn unsere größte erogene Zone.

Auch ich finde Intelligenz anziehend. Aber nicht bedingungslos. Deshalb muss ich einmal kurz nachdenken. Welcher Mann steht denn ganz oben auf der Rangliste der intelligenten Menschen? Da fällt mir direkt der Physiker Stephen Hawking ein. Ja, der ist nun wirklich nachweislich hochintelligent. Hochinteressant also? Ja, auf jeden Fall. Ich würde ihn wahnsinnig gern kennenlernen. Allerdings könnte ich ihm niemals das Wasser reichen. Worüber sollte ich nur mit ihm reden? Wahrscheinlich würde ich dastehen, ihn anstarren und vor mich hin stottern. Anderseits scheint er sehr humorvoll zu sein. Er hat zusammen mit dem US-amerikanischen Lounge-Sänger Richard Cheese den Song „The Girl Is Mine“, ursprünglich ein Duett von Michael Jackson und Paul McCartney, interpretiert. Großartig! Das finde ich auch toll. Und vielleicht gäbe es da einen Gesprächseinstieg, denn Musik ist meine Physik. Als Paar wären wir aber wohl doch zu unterschiedlich.

Auf alle Fälle ist das Gespräch das Aphrodisiakum der Sapiosexuellen. Aber dabei muss dann auch schon ein Funke überspringen. Neulich habe ich einen Mann kennen gelernt, der nicht nur unglaublich intelligent zu sein schien, sondern dazu auch noch äußerst gutaussehend war. Bombe, dachte ich. Und? Wir konnten nicht reden. Es reicht eben nicht, mit Zitaten um sich zu werfen, wenn man sich dahinter versteckt. Dieser Funke hatte sich nicht entzündet.

Die Wissenschaft sucht nach Erklärungen für dieses Phänomen

Wie immer gibt es auch für das Phänomen Sapiosexualität wissenschaftliche Erklärungsversuche. So haben Forscher der University of Mexico in einer Studie Zusammenhänge zwischen der Zeugungsfähigkeit und der Intelligenz des Mannes gefunden. Männer mit einem höheren Intelligenzquotienten hätten demnach das gesündere und bessere Sperma. Wenn dem tatsächlich so ist, liegt das vielleicht schlichtweg daran, dass diese Männer besser verdienen, sich qualitativ hochwertigere Lebensmittel kaufen können und sich deshalb womöglich besser ernähren. Vielleicht treiben sie auch mehr Sport und leben insgesamt gesünder. DAS hat Auswirkungen auf die Qualität des Spermas.

Auch würden sich Frauen von Männern mit einem höheren IQ angezogen fühlen, da ihr Instinkt dann eine bessere Chance auf Nachwuchs wahrnehme. Ist das nicht eher gesellschaftlich bedingt? Männer mit einem höheren IQ haben bessere Chancen auf einen guten Job, verdienen dann mehr Geld und bieten damit mehr Chancen auf einen höheren gesellschaftlichen Status. Könnte das womöglich der Grund sein? Das Erbe der traditionellen Familienstruktur? Und wenn dem nun doch so wäre, und wir wieder einmal unserem evolutionären Erbe ausgeliefert sind, wie kommt es dann, dass gerade die Paare mit einem höheren Bildungsstatus weniger Kinder in die Welt setzen?

Eine Studie des Sexartikel-Herstellers Lovehoney hat zwar auf der einen Seite einen Zusammenhang zwischen Intelligenz und hoher Libido gefunden. Auf der anderen Seite hat man aber auch festgestellt, dass das umgekehrt nicht bedeutet, dass hier im Schlafzimmer auch gleich die Wände wackeln. Es scheint eher das Gegenteil vorzuliegen. Menschen mit einem hohen IQ haben so wenig Sex wie keine andere Gruppe. Denken sie zu viel nach? Stehen sie sich damit selber im Weg? Sind andere Dinge schlicht wichtiger?

Keine Bange, es gibt auch weiterhin noch Sex für Normalos

Wie immer wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. NATÜRLICH ist es immer anregend und manchmal auch erregend, wenn wir merken, dass wir mit dem anderen auf einer Wellenlänge sind. Dabei kann der andere genauso intelligent sein wie wir oder auch intelligenter. Doch woran messen wir das? Weil der andere mehr weiß? Geht es um reine Fakten und Daten? Manche Menschen sind mit einem Intellekt gesegnet, der es ihnen leicht macht, sich eine große Menge an Wissen anzueignen. Macht man sich allein dadurch interessant? Nein. Wir sind vielleicht beeindruckt, aber noch lange nicht sexuell erregt.

Es ist die Art, wie wir mit dieser Intelligenz umgehen und wie wir damit auf andere Menschen eingehen. Es kommt doch immer darauf an, ob wir uns bei dem anderen wohl fühlen und ob wir uns verstehen. Und was suchen wir eigentlich? Eine kluge Schulter zum Anlehnen? Einen geistreichen Austausch von Gedanken? Oder jemanden, der uns bestätigt? Jemanden, der uns das Gefühl gibt, mit ihm zusammen etwas Besonderes zu sein?

 

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