Schon wieder so ein Pilz: Was nun?

Das hier gehört wohl zu den peinlichsten Momenten, die man sich in einer Apotheke vorstellen kann: Es juckt und brennt „da unten“, ein Vaginalpilz hat sich ausgebreitet und wir brauchen dringend ein Gegenmittel. Wir stehen also in der Schlange, sind endlich dran und flüstern der Apothekerin, oder noch schlimmer dem Apotheker zu, dass wir ein passendes Medikament brauchen. Mit Glück flüstert der/die Apotheker*in zurück und schiebt uns verstohlen das Medikament über den Tisch. Mit Pech geht das Ganze weniger unauffällig vonstatten. Hände hoch, wer das schon einmal erlebt hat! Da über zwei Drittel aller Frauen bereits mindestens einmal eine Scheideninfektion namens Vaginalmykose oder Vaginalkandidose hatten, dürften das jetzt sehr viele sein. Wir denken, der oder die Apotheker*in habe jetzt Bilder im Kopf. Bilder von wildem, hemmungslosem und leider auch wahllosem Sex, den wir hatten. Denn wir glauben, dass man nur auf diese Weise zu einer derartigen Geschlechtskrankheit kommen können. Deshalb ist es uns ja so unendlich peinlich. Nur ist dem leider gar nicht so, denn

a) wir hatten gar keinen Sex
b) wir hatten Sex mit Kondom
c) wir hatten keinen wahllosen Sex, denn wir haben uns gerade so richtig verknallt
d) so ein Vaginalpilz ist gar keine Geschlechtskrankheit.

Keine Geschlechtskrankheit? Ja, was denn sonst? Nun, mittlerweile werden die ehemaligen Geschlechtskrankheiten als STI bezeichnet. Dies steht für „sexuell übertragbare Infektion“ und stellt eine wesentlich genauere Bezeichnung dar. Das ist deshalb wichtig, weil  STI oft keine Schmerzen oder anderen Symptome verursachen. „Viele Menschen merken daher gar nicht, dass sie sich mit einer STI angesteckt haben und geben die Infektion unwissentlich an andere weiter.“  Eine Scheidenpilzinfektion gehört jedoch nicht dazu. Eine sexuelle Übertragung ist zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich. Denn Vaginalpilze befinden sich oft auch in einer gesunden Scheidenflora und leben mit Milchsäurebakterien in einem natürlichen Gleichgewicht. Ihr unkontrolliertes Wachstum, das zu den oben beschriebenen Symptomen führt, hat seine Ursache vielmehr in einem gestörten Gleichgewicht der Scheidenschleimhaut. Aber weil wir glauben, uns mit einer vorurteilsbehafteten Krankheit angesteckt zu haben, quälen wir uns lieber tagelang mit Brennen, Jucken, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und geschwollener Scheide herum , als uns einem Arzt oder Apotehker*in Hilfe zu holen. Blöd, oder?!

Alles, nur keine Geschlechtskrankheit

Wenn wir nun wissen, dass wir uns nicht infiziert haben, können wir erst einmal aufatmen. In dieser Hinsicht alles ok, sozusagen. Wenn wir von den Symptomen absehen. Unser neuer Liebhaber war es also nicht. Falls wir einen haben. Aber die öffentliche Toilette war es ebenfalls nicht. Denn auch so kommen wir entgegen weit verbreiteter Meinung nicht zu dieser Infektion. Meistens sind wir unwissentlich selber schuld. Alles dreht sich um den Hefepilz Candida albicans und den finden wir auch im gesunden Zustand im Genital- und Analbereich. Deshalb stecken wir uns auch nicht an, schließlich er ist ja schon da. Bei 37 Grad Körpertemperatur fühlt er sich prima und verursacht keine Umstände. Aber wehe, die Scheidenflora verändert sich, dann ist das seine Chance auf eine Bevölkerungsexplosion. Die Pilze vermehren sich schneller als Kaninchen und toben ähnlich umher. Die Folge sind Brennen, Rötungen und weißlicher Ausfluss. Und was hilft? Eine  Salbe in Kombination mit Scheidenzäpfchen, die es rezeptfreie in der Apotheke gibt. Nach drei tagen sollte das Pilzproblem dann wieder behoben sein. Frauen, die häufiger unter der Infektion leiden, sollten aber auf jeden Fall einen Gynäkologen oder eine Gynäkologin aufsuchen.

Was sind denn nun die Ursachen, von denen ich schrieb, sie seien hausgemacht?

  1. Unsere Vagina ist selbstreinigend. Sie braucht daher keine zusätzlichen Reinigungsmittel. Wirklich nicht. Die schaden mehr als dass sie helfen. Wasser und ph-neutrale Seifen oder Intimwaschlotionen mit Milchsäure sind absolut ausreichend. Und zwar für die Vulva, also den äußeren Bereich. Innen in der Vagina haben Seifen und Lotionen absolut nichts zu suchen. Und lasst euch dabei nicht von dem reichhaltigen Angebot in der Drogerie irritieren. Finger weg!
  2. Wo wir gerade beim Thema Hygiene sind. Wenn wir uns beim großen Toilettengang (uuuuh, was für eine Bezeichnung) von hinten nach vorn sauber wischen, können dabei Bakterien aus dem Darm in die Vagina gelangen. Also immer schön von vorn nach hinten wischen!
  3. Slipeinlagen schützen unsere schöne Wäsche vor Ausfluss oder Regelblut. Damit sind sie eine äußerst nützliche Erfindung. Sie sollten aber regelmäßig gewechselt werden. Und fast noch wichtiger: Sie müssen unbedingt luftdurchlässig sein, da sich sonst Wärme oder Feuchtigkeit staut.
  4. Wer Tampons verwendet, sollte sich jetzt angesprochen fühlen. Denn auch die sollten nicht länger als nötig in der Vagina verbleiben. Dass es sie in verschiedenen Größen gibt, liegt an der wechselnden Stärke der Blutungen. Wenig Blut = kleiner Tampon. Viel Blut = großer Tampon. Achtet bitte auf die richtige Größe. Zu große Tampons bei wenig Blutung saugen auch die Scheidenfeuchtigkeit mit auf, kleben regelrecht fest und können dann Gewebestücke beim Entfernen mitreißen.
  5. Ihr schwimmt gern? Hervorragend, denn das ist gut für Leib und Seele. Nasse Badesachen hingegen weniger. Und wozu gibt es diese unendliche Vielfalt an schönen Bikinis, Badeanzügen oder Burkinis? Raus aus den nassen Sachen, rein ins die trockenen.
  6. Bekleidung ist das nächste Problem. Wer schon einmal schwitzende Menschen in Synthetikkleidung gerochen hat, kann sich vorstellen, dass dieses Material auch nicht gut für den Genitalbereich ist. Unterhosen, Hosen oder Strumpfhosen aus Synthetik mögen hübsch aussehen, sollten aber lieber durch Wäsche aus Naturfasern ersetzt werden. Und klar, die müssen auch jeden Tag gewechselt werden.
  7. Ihr liebt enge Hosen? Hm, dann habe ich leider schlechte Nachrichten für euch. Denn die unterbinden die Vagina-Belüftung und beeinflussen dadurch ebenfalls die Scheidenflora.

Ein ganz großes Feld finden wir hier: Wenn unser Immunsystem geschwächt ist, haben Infekte und andere Erkrankungen leichtes Spiel. So auch der Scheidenpilz. Was schwächt das Immunsystem?

  • Stress
  • zu wenig Bewegung
  • eine schlechte Ernährung mit zu wenig Vitalstoffen
  • zuviel Zucker
  • zuviel Alkohol
  • Rauchen, aber das ist ja nichts Neues
  • Schadstoffe aus der Umwelt
  • eine erhöhte Konzentrationen des Sexualhormons Östrogen, zum Beispiel während einer Schwangerschaft
  • Erkrankungen wie Krebs oder Diabetes mellitus
  • Antibiotika, Cortison und alle anderen Medikamente, die das Immunsystem schwächen

Antibiotika? Die sollen doch gerade helfen? Ja, das erledigen sie auch an anderer Stelle. Als Nebenwirkung ziehen sie jedoch häufiger eine Pilzinfektion nach sich. Und dies nicht nur im Vaginalbereich oder an der Eichel. Nein, auch in der Mundschleimhaut in Form von Schluckbeschwerden und einem weißlichen Belag auf der Zunge. Kenne ich, hatte ich schon. Dagegen gibt es dann wiederum andere Pillen. Wer häufiger unter einer Pilzinfektion leidet, sollte insbesondere auf eine ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker achten. Denn Zucker finden diese Pilze auch so richtig gut. Ob noch andere Erkrankungen dahinter stecken können, solltet ihr mit eurem oder eurer Ärzt*in besprechen. Ein Arztbesuch ist auch dann angesagt, wenn es zu mehr als vier Infektionen im Jahr kommt.

Darf frau während der Erkrankung Sex haben?

Eigentlich finde ich die Frage überflüssig. Aus Erfahrung weiß ich, wie unangenehm ein Scheidenpilz sein kann. Und ich kann mir allein deshalb nicht vorstellen, dass eine Frau in dieser Zeit unbedingt Sex haben möchte. Abgesehen davon, dass Vulva und Vagina von Salbe und Zäpfchen gezeichnet sind. Vielleicht soll es sein, weil es um eine dringend erwünschte Schwangerschaft geht und es gerade die richtige Zeit dafür wäre. Oder weil der Partner Druck ausübt. Gut, dann wären klare Worte angesagt. Wenn ihr also gerade jetzt unbedingt Sex haben möchtet, dann könnt ihr latexfreie Kondome verwenden. Andere Materialien könnten durch die Salbe und Zäpfchen porös werden und reißen. Solltet ihr zwischen Vaginal- und Analverkehr wechseln, müsst ihr auch das Kondom wechseln, um die Pilze nicht hin- und herzutragen. Wenn ihr mögt, könnt ihr Gleitmittel verwenden.

Scheidenpilz zählt wie erwähnt nicht zu den STI und Sex selber führt auch nur äußerst selten zur Infektion. Das kann aber in seltenen Fällen passieren. Im ungünstigsten Fall springt die Infektion hin und her und man steckt sich gegenseitig immer wieder an. Bei Männern ist eine Pilzinfektion nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Sollte ein Verdacht bestehen, ist es Zeit für einen Besuch bei der Urologin oder beim Urologen.

Wenn es also brennt und juckt, braucht ihr euch nicht zu schämen, weil ihr glaubt, euch eine Geschlechtskrankheit eingefangen zu haben. Pilzinfektionen sind fast „normal“. Die Behandlung ist einfach und es dauert nur wenige Tage, bis die Sache überstanden ist. Achtet auf eure Gesundheit, versucht Stress zu vermeiden und denkt an die anderen Punkte, die ich oben zu den Ursachen aufgelistet habe. Mit etwas Glück bleibt ihr vom fröhlichen Treiben der Pilze verschont.

 

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