Unbekannt sucht Unbekannt zwecks Heirat

Der Spiegel betitelt die neue Fernsehshow „Married at first sight“, die zum Jahresende von Sat.1 ausgestrahlt werden soll, als „Sozial-Experiment“. Aus 200 heiratswilligen Singles haben ein Pastor und eine Paartherapeutin vier Paare, die sich erst vor dem Altar kennen lernen, ausgesucht. Wow, das nenne ich mutig! Mein Schicksal in die Hände von zwei Menschen zu legen, die kaum etwas über mich wissen können. Jeder, der schon einmal auf einem Single-Portal unterwegs war, weiß, wie schwierig es ist, hier einen passenden Partner zu finden. Denn nicht nur Intellekt, Charakter, sozialer Status, Interessen und Aussehen müssen passen. Es ist ja vor allem unsere Nase, die entscheidet, ob wir einen anderen riechen können oder nicht.

Ein „Sozial-Experiment“? Nein, so würde ich das nicht bezeichnen. Denn das bedeutet, dass hier etwas ausprobiert wird, das es sonst so nicht gibt.  Und da kommen wir der Sache schon näher. Denn das gibt es schon. In vielen Ländern werden sogenannte arrangierte Ehen abgeschlossen. Im Gegensatz zur Zwangsheirat stimmen hier beide Ehepartner zu, dass Eltern oder Heiratsvermittler den Partner fürs Leben aussuchen, wobei der Übergang zur Zwangsehe fließend ist. Manchmal entsteht daraus auch echte Zuneigung und Liebe. Oft aber auch nicht. In Deutschland gab es arrangierte Ehen bis in das 20. Jahrhundert hinein, während es heute fast ausschließlich Migranten betrifft. Tradition und Familienehre bringen mitunter auch moderne gebildete Frauen und Männer zum großen Unverständnis ihres deutschen Umfeldes dazu, einen von den Eltern bestimmten Partner zu heiraten. Und wenn man es so betrachtet, ist dieses Format ein guter Weg, dem Zuschauer zu zeigen, wie schwierig es für diese dann meist ist, mit einem wildfremden Menschen verheiratet zu sein und den Alltag gemeinsam bewältigen zu müssen.

Nun gut, von Zwangsheirat kann bei diesem Format ja nicht die Rede sein. Und wer weiß, vielleicht findet ein Paar sogar die große Liebe. Das wäre dann für unsere 11 Millionen Singles eine großartige Motivation, mal etwas wagemutiger zu sein. Und andersherum garantiert die große Liebe ja auch kein lebenslanges Glück.

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