Gangbang – Sommerloch im Bundestag

Das deutsche Prostitutionsgesetz ist vielen Bundesbürgern ein Dorn im Auge. Während die einen es gern komplett abschaffen möchten, wünschen sich die anderen volle Freiheit.

Und nun beschäftigt sich der Bundestag im Rahmen der besseren Regulierung von Prostitution mit der Frage, ob Gangbang-Partys verboten werden sollen. Im ersten Moment dachte ich, das sei eine Zeitungsente. Gibt es in diesem Zusammenhang denn nichts Wichtigeres zu besprechen?

Das Milliardengeschäft Prostitution

Es ist schwierig, sich zu positionieren, ohne dabei polemisch zu klingen. Ich bin keine Befürworterin der Prostitution. Sprüche wie „das hat es doch immer schon gegeben“, sind in meinen Augen kein Argument dafür, dass Frauen ihren Körper zeitweise verkaufen oder Männer sich einen Körper ebenso zeitweise kaufen dürfen. Oder umgekehrt. Sklavenhandel ist schließlich auch ein uraltes Geschäft, mit dem schon die antiken Völker Geld verdient haben. Dann könnten wir den doch auch erlauben. Ach, ich habe ganz vergessen, dass der Staat daran ja nichts verdient. Im Gegensatz zur Prostitution, die für den Staat ein Milliarden-Geschäft bedeutet. So etwas schafft man nicht einfach ab. Man versucht nur, es zu reglementieren und dem besorgten Bundesbürger damit das Gefühl zu geben, etwas für die armen Frauen zu tun.

Was hilft tatsächlich?

So heißt es jetzt von Seiten der Familienpolitiker, erstmals werde es „klare Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben, die dem Schutz der Frauen dienen“. Wieso eigentlich „erstmals“? Ich dachte, dass Prostitutionsgesetz wäre eigens dafür da, Prostituierte zu schützen??? Naja, dazu sollen ab jetzt jedenfalls regelmäßige Gesundheitskontrollen gehören, damit sich die Frauen im Gesundheitsamt im Falle eines Falles jemandem anvertrauen können. Das ist hanebüchen, schont man damit doch eher Freier und Zuhälter, die bloß nicht unnötigt belästigt werden sollen. Warum nicht gleich Hilfe vor Ort anbieten? Ein Polizeibeamter und eine Sozialarbeiterin, die wöchentlich von Bordell zu Bordell gehen und mit den Frauen sprechen? Mit jeder einzelnen, ganz offiziell? Das wäre meiner Meinung nach eine klare Regelung.

Die kleine Welt des Gangbang

Ist denn nun das Verbot von Gangbang tatsächlich eine so wesentliche Verbesserung? Als Inszenierung einer Massenvergewaltigung wird diese sexuelle Praktik beschrieben. Ich hatte Anfang des Jahres die Gelegenheit, mir ein eigenes Bild davon zu machen und war dazu ganz offiziell als Sexualwissenschaftlerin einen Tag lang in einer Berliner Erlebniswohnung unterwegs. Spontan und unangekündigt. So eine Gelegenheit mit der Möglichkeit, mir ein eigenes Bild zu machen, lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Grund für diese Einladung war die Frage des Betreibers, ob ich Alice Schwarzers Meinung teilen würde, dass Gangbang (eine Frau, die sich von mehreren Männern gleichzeitig bespaßen lässt) eine Massenvergewaltigung sei. Ich hatte zu dem Zeitpunkt allerdings noch keine eigene Meinung zu dem Thema und nahm daher zeitnah die Gelegenheit wahr.

Zu meiner Überraschung fand ich dort etwas ganz anderes vor, als ich es erwartet hatte. Frauen wie Männer haben fast alle bereitwillig auf meine vielen Fragen geantwortet. Und zusehen durfte ich auch, jaja.

Ich habe mit Frauen gesprochen, die auch ohne die – zugegebenermaßen viel zu geringe – Bezahlung diesen Job machen würden. Weil sie sich bestätigt, attraktiv und begehrt fühlen, wenn sie von vielen Männern gleichzeitig angeschaut, angefasst und gevögelt werden. Und es ist eine ganz andere Frage, in was für einer Welt wir leben, dass sich Frauen auf diese Weise Bestätigung holen müssen.

Ich habe mit Männern gesprochen, denen die „familiäre“ Atmosphäre dort so gefällt. Eben kein anonymer Sex wie im großen Bordell. Und das trotz der vielen Männer, die gleichzeitig mit einer Frau zugange sind. Männer, die sich darüber freuen, auch mal ein Wort mit den Frauen wechseln zu können. Die sich miteinander unterhalten und andere Männer, die sich nicht gut verhalten, des Raumes verweisen. Selbstjustiz sozusagen.

Zum Thema Kondompflicht kann ich in diesem Zusammenhang nur eines sagen: Wenn andere Männer zuschauen, ist die innere Bereitschaft, sich der Pflicht zu stellen, gleich viel größer. Ich sprach auch mit einem älteren Mann aus Ostdeutschland, der mir davon erzählte, dass sie sich früher oft privat auf diese Weise getroffen haben. Heute, nach der Wiedervereinigung, seien alle viel verklemmter und so müsse er nun eben Geld dafür bezahlen.

Veröffentlichen oder nicht?

Ab und zu erreicht mich aus dieser Erlebniswohnung die Frage, wann ich denn nun endlich etwas über meine Erfahrungen und Gespräche dort schreibe. Ich habe mich damit schwer getan, denn das, was ich dort gesehen und gehört habe, ist sicher nicht generell übertragbar. Es gibt Bordelle, in denen mit den Frauen beim Gangbang ganz anders umgegangen wird. Aber dann wird das dort auch in sonst nicht anders sein. Daher sollten wir viel eher diese Art des respektlosen Umgangs verbieten, statt einer einzelnen sexuellen Praktik. Bei der Gelegenheit könnten wir Freier und Zuhälter zu Benimmkurse ermuntern, damit sie lernen, wie man mit Frauen umgeht.

Ich schlage also vor, wenn schon Prostitution, dann in kleinen familiären Bordellen unter direkter polizeilicher Aufsicht mit eigenen Sozialarbeitern und vielleicht auch noch einem eigenen Steuerbeamten. Ausgewiesene Flatrate-Bordelle sowie anonyme Großraum-Bordelle werden per se verboten. Boutique statt Primark. Fein, ich schicke die Idee gleich mal an den Bundestag.

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