Fetisch & Co: Wie sage ich es meiner Partnerin?

„Was, ihr fesselt und schlagt euch nicht? Da entgeht euch aber einiges!“, bekommt heute derjenige zu hören, der zugibt, auf Blümchen-Sex zu stehen. In unserer schnelllebigen mediengeprägten Welt ist Abwechslung angesagt und „normal“ ist fast schon langweilig. Vor allem auch im Bett sollte vermeintlich genügend Abwechslung herrschen, damit es bloß nicht langweilig wird. Angefangen von einer fantasievollen Stellungsakrobatik über Analsex bis hin zu ausgefalleneren Praktiken wie dem Spiel mit Natursekt oder „echtem“ BDSM. Dass bei einer emotionalen Leere in der Beziehung auch das nicht fruchtet, sei an dieser Stelle nur nebenbei erwähnt.

Und auch was als „normal“ empfunden wird, unterliegt einem steten Wandel und den persönlichen Vorlieben. Der eine mag Strapse, der andere liebt sie geradezu und dem Dritten sind sie total egal. Aber was macht man, wenn man auf die Strapse nicht verzichten kann? Was, wenn man auf etwas steht, das trotz allem nicht der Normalität und vor allem nicht den eigenen Vorstellungen von „normaler“ Sexualität entspricht? Was, wenn man sich Sex ohne Windeln, Highheels, Damenunterwäsche oder Strapse gar nicht vorstellen kann? Sollte man das für sich behalten oder sich der Partnerin oder dem Partner offenbaren?

Meine Strapse, deine Strapse

Dass ich in der Überschrift den Mann fragen lasse, ist absichtlich so gewählt. Die meisten der eben erwähnten Fetische betreffen Männer. Natürlich haben auch Frauen Vorlieben. Die sind jedoch selten so stark ausgeprägt, dass sie das Erleben von sexueller Lust insgesamt beeinträchtigen. Bleiben wir erst einmal bei den Strapsen. So kann es sein, dass ein Partner sich seiner Liebsten offenbart und ihr sagt, wie sexy er sie in den Strapsen finden würde. Vielleicht gefallen ihr diese sogar und sie findet sich in ihren eigenen Augen und auch in den seinen tatsächlich heiß und begehrenswert. Also beziehen sie seine Wünsche in ihre gemeinsame Sexualität mit ein. Womöglich fasst auch sie den Mut und spricht ihre eigenen Fantasien an. Womöglich entwickelt sie auch überhaupt erst eigene Wünsche. Und womöglich entdeckt sie, dass es ihr Spaß macht, ihn in ihren Strapsen zu dominieren. Sie entdeckt das Spiel mit Macht und Unterwerfung. Er jedoch ist schon einen Schritt weiter.

Denn es reicht ihm noch nicht, dass sie die Strapse trägt. Eigentlich möchte er sie selber tragen. Insgeheim träumt er davon, in ihrer Unterwäsche und in ihren Strapsen vor ihr zu knien, sich den Hintern versohlen zu lassen und sich ihr zu unterwerfen. Aber er hat Angst davor, abgewiesen zu werden. Er hat Angst davor, in ihren Augen dann nicht mehr als männlich zu gelten. Aber er möchte es doch so unbedingt! Er möchte es so unbedingt, dass er die Lust am Sex verliert. Im Spaß macht er Andeutungen und hofft darauf, dass sie ihn erhört.

Aber was passiert, wenn er nur Andeutungen macht? Erst damit verliert er in ihren Augen womöglich seine Integrität. Denn damit gibt er die Verantwortung in ihre Hände. Stattdessen sollte er tatsächlich selber die Verantwortung für seine Wünsche übernehmen und das direkte Gespräch suchen. Das erfordert Mut, zeigt ihr aber auch, wie wichtig es ihm damit ist. Immerhin haben sie bisher positive Erfahrungen mit ihren Fantasien gesammelt. Was kann ihm passieren? Schlimmstenfalls lehnt sie ab. Dann aber können sie gemeinsam eine Lösung für das Problem suchen. Was aber passiert, wenn er nicht darüber spricht? Dann staut sich der Druck an. Er wird vermutlich immer unzufriedener und schlägt sich mit dem Gedanken herum, nicht normal zu sein, gar abstoßend mit seinen speziellen Wünschen. Und der Druck steigt.

Den Fetisch in die Beziehung integrieren

Also raus damit. Natürlich ist das einfacher gesagt als getan. Ich weiß. Dazu braucht man wirklich Mut. Und natürlich auch die Sicherheit einer gefestigten Beziehung. Wenn die ohnehin schon gefährlich auf der Kippe steht, kann eine solche Offenbarung der Todesstoß sein. Wenn aber ein Paar offen miteinander umgeht und sich gegenseitig unterstützt, kann es sogar sein, dass sie sagt: „Ach Schatz, das ist alles?“ oder „Kannst du gern machen, aber nicht mit mir“ oder „Wie können wir das machen, damit auch ich mich damit wohl fühle?“

Das Wichtigste ist, dass er sich offenbart hat und seine Fantasien nicht länger verbergen muss. Denn genau dieses Verbergen führt eben dazu, dass der Druck steigt und sich Schuldgefühle ausbreiten können. Stattdessen kann er nun hoffentlich erleben, dass er als Mensch mit diesen Wünschen angenommen und geliebt wird. Die Fantasie wird in die Beziehung integriert, egal, ob sie nun ausgelebt werden kann oder nicht. Und das wiederum stärkt die Bindung zwischen den Partnern. Dieses Offenbaren kann laut dem Sexualpsychologen Dr. Christoph Joseph Ahlers sogar dazu führen, dass sich der Druck verringert und der Fetisch gar nicht mehr ausgelebt werden müsse – weil er sein könne. Und wer sich doch nicht traut, kann sich zusätzliche Hilfe bei einem Sexualtherapeuten oder –berater holen.

 

Veröffentlicht auf: https://www.orion.de/blog/fetisch-sexulle-vorlieben-wie-sage-ich-es-meiner-partnerin/

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