„Küssen kann man nicht alleine“ singt Max Raabe und damit hat er ja auch tatsächlich Recht. Alle erotischen Spielereien können wir mehr oder weniger erfolgreich mit uns selber veranstalten. Aber küssen? Hierfür brauchen wir immer und unbedingt ein Gegenüber. Für den erotischen Kuss einen Liebespartner, für alle anderen Küsse kann es auch ein Familienmitglied, ein Freund oder das geliebte Haustier sein. Mit einem Kuss drücken wir Liebe und Zuneigung aus. Prostituierte sind zu allem bereit, nur nicht dazu. Denn ein Zungenkuss ist so unglaublich intim und persönlich. Das teilen auch diese Frauen nur mit ihrem Liebsten oder ihrer Liebsten. Ein Kuss kann ganz zart sein oder auch einen Sturm der Leidenschaft entfachen. Ich schlage vor, Küssen ganz oben auf die Liste unserer guten Vorsätze zu stellen. Zeigen wir unserer Liebsten oder unserem Liebsten auf diese Weise, wie sehr wir sie oder ihn lieben – und küssen, was das Zeug hält!
Erinnert Ihr Euch noch an euren ersten Zungenkuss? Meiner erster kam etwas unerwartet beim Flaschendrehen als Teenager auf meiner eigenen Geburtstagsparty. „Auf wen die Flasche zeigt, ….“ Ups. Ihr kennt das. Ich weiß gar nicht mehr, wer der Glückliche war. Aber ich kann mich noch genau an die heiße Diskussion unter uns Mädchen im Anschluss erinnern.
„Hast du deine Zunge bewegt?“
„Ja, macht man das nicht so? Habe ich zumindest gehört.“
„Oh nein, ich habe meine ganz still gehalten!“
„Hm, ich frage mal meine ältere Freundin. Die weiß das, die hat schon mal geküsst.“
Verwirrung in Zeiten der Bravo-Aufklärung. Auch ein guter Zungenkuss ist nicht naturgegeben, wie so mancher denken mag. Und was man alles falsch machen kann! Zu nass, zu hart, zu schlaff, zu zögerlich. So etwas hat wohl jede/r von uns schon einmal erlebt. Dabei ist gerade ein guter Zungenkuss wie eine Visitenkarte auf dem Weg zur Glückseligkeit. Und dieser kann so vielseitig sein. Die Zungenspitze kann spielerisch an den Lippen, der Zunge und den Zähnen des anderen entlanggleiten, sie kann aber auch herrisch die Mundhöhle erobern, gleichsam vorstoßen und Besitz ergreifen. Mit einem Kuss kann man den anderen förmlich zu sich hinüber ziehen, oder auch nur zart an der Unterlippe saugen und knabbern. Mit einem Kuss können wir Schüchternheit oder Selbstbewusstsein ausdrücken.
Ein Kuss erfordert Einfühlungsvermögen. Wir brauchen schon den passenden Moment dafür. Ein schreiendes Baby im Nebenzimmer oder der Hund, der dringend raus muss, sind Gründe, den richtigen Zeitpunkt noch einmal zu überdenken. Und wenn sich das Gegenüber in den Armen versteift, den Kopf zurückzieht oder anfängt zu röcheln, sollte man schleunigst die Marschrichtung wechseln, bevor sich der andere ganz entzieht. Mundhygiene ist auch so ein Thema in Sachen Küssen. Direkt nach dem Genuss von frischen Zwiebeln darf man sich nicht wundern, wenn der Wunsch nach Zungenkontakt nicht so gut ankommt. Gepflegte Zähne und weiche Lippen sind ebenfalls gute Wegbereiter. Man könnte jetzt denken, dass das wohl klar ist. Ist es aber nicht. Und so erwähne ich es deshalb an dieser Stelle noch einmal.
In längeren Beziehungen ist es oft so, dass am Anfang leidenschaftlich gern geküsst wird, diese Aktivität aber mit der Zeit immer mehr abflaut. Und irgendwann wird aus dem intensiven und erregenden Zungenkuss ein freundschaftlicher Wangenkuss. Nehmen wir uns doch mehr Zeit für diese lustvolle Variante von Nähe! Ein paar ruhige Minuten, eine liebevolle Umarmung, das Gesicht mit den Händen umfassend, den Körper eng an den anderen geschmiegt – das schafft Geborgenheit und fühlt sich gut an. Wir laden kurz die Liebesbatterien auf und gehen beschwingt durch den Tag. „Kurz“ ist übrigens auch ein Zauberwort. Denn wenn ein Kuss nur für sich steht und nicht als Aufforderung zum Sex gesehen wird, ist viel häufiger der richtige Zeitpunkt dafür da!
Veröffentlicht auf: https://www.orion.de/blog/liebt-euch-kuesst-euch/