Sex ist etwas so Wunderbares, dass es schwerfällt, dabei an etwas anderes zu denken als an Liebe, Lust und Erregung. Und dann kommt jemand wie Charlie Sheen um die Ecke und outet sich als HIV-positiv. Und prahlt vor allem damit, mit über 5000 Frauen geschlafen zu haben. Mein Taschenrechner sagt mir, dass er mit einer Frau pro Nacht dafür 13,7 Jahre gebraucht hat. Oder 27 Jahre, wenn er nur jede zweite Nacht eine neue Frau im Bett hatte. Oder weniger, wenn es mehr als eine am Tag waren. Ist das jetzt noch Liebe, Lust und Erregung oder einfach nur Stress und Macho-Gehabe? Wie viele Frauen mag er bei seinem ausschweifenden Sexleben mit HIV oder anderen STI angesteckt haben? Und warum machen Frauen das mit? Vor allem ohne Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen (STI)? Kondome sind hier zwar eine Möglichkeit. Wer Charlie Sheen oder auch Michael Douglas, der Oral-Verkehr für seinen Kehlkopfkrebs verantwortlich macht, nacheifern will, sollte sich nicht nur auf Kondome verlassen.
Sex ist eine wunderbare Möglichkeit auch für alle anderen für Krankheitserreger jenseits von HIV, von einem Körper auf den anderen hinüberzuwechseln. Und das auch nicht nur beim Geschlechtsverkehr! Viren, Bakterien, Pilze und andere Erreger lieben Körperflüssigkeiten und Blut und werden durch Scheiden- und Analsekrete, Sperma, Speichel, Urin oder Muttermilch über unsere Schleimhäute und offene Wunden übertragen. Und Schleimhäute haben wir jede Menge: Im Genital- und Analbereich, an den Augen, in der Nase und im Mund. Und Wunden sind nicht immer sichtbar. Kleine Fissuren können durch Reibung beim Sex in der Vagina oder im After auch erst während des Liebespiels entstehen. Ein Biss auf die Zunge oder in die Wange führt häufig zu offenen Stellen. Und auch an Händen oder Fingernägeln können schon mal kleine Risse in der Haut sein.
Es ist wichtig, sich mit einem neuen Liebespartner rechtzeitig über Schutzmöglichkeiten auszutauschen. Und wer bereits infiziert ist, sollte dies dem Partner mitteilen. Wir sprechen hier übrigens nicht von langjährigen Partnerschaften, in denen Treue hochgehalten wird. Hier geht es um neue oder wechselnde Sexualpartner.
Wenn hier nun jemand denken sollte, ach, das macht doch alles nichts, mir reicht ein Kondom, ich will ja schließlich nur vögeln, dem sei gesagt: Doch, das macht was! Sexuell übertragbare Infektionen (STI) sind sehr weit verbreitet und reichen von HIV bis zu HPV (Humane Papillomaviren). Mit HPV sind rund 60% aller jungen Männer und Frauen infiziert. Jedes Jahr gibt es ca. 100.000 neue Chlamydien-Infektionen, gefolgt von 80.000 Infektionen mit dem Herpes simplex. Syphilis, eine STI mit einer steigenden Zahl an Neuinfektionen, lässt sich sogar durch einen Handschlag oder Kuss übertragen. Und leider sind die STI in vielen Fällen nicht zu erkennen. Manchmal wissen die Überträger selber nicht einmal, dass sie infiziert sind.
Da kann ich mich Prof. Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit (DSTIG), nur anschließen. Denn der sagte in einem Gespräch mit nt-v, „dass Sexualität etwas Wertvolles und Tolles ist, das man aber auch mit einer gewissen Vorsicht handhaben sollte. Dazu gehört, Verantwortung für die eigene und besonders auch Gesundheit des PartnersInn zu übernehmen, die Anwendung von Kondomen zu üben und man muss auch lernen, darüber zu reden, was man macht.“ Ganz genau.
Und wann ist Schluss mit Safer Sex? Wenn zwei Liebende sich sicher sind, dass sie nur miteinander Sex haben wollen, können sie sich gemeinsam oder getrennt auf STI testen lassen. Danach spielt nur noch die Verhütung eine Rolle. Oder auch nicht J
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