Wie schön ist es doch, verliebt zu sein! Die Gedanken kreisen unablässig um diesen einen Menschen, die Stimmung befindet sich im Höhenflug, die Welt sieht mit einem Mal viel bunter aus, wir könnten jauchzen und singen. Und was sind schon Appetit und Schlaf? Die brauchen wir nicht, denn wir leben von Luft und Liebe. Werden wir jedoch verlassen, ist der Leidensdruck immens. Wieder kreisen unsere Gedanken nur um diesen einen Menschen. Diesmal leider in einer Endlos-Dauerschleife der düstersten Art.
Wie „schön“ ist es doch, auf Kokain zu sein! Die Gedanken kreisen unablässig um diesen ganz besonderen Zustand. Die Stimmung befindet sich im Höhenflug, die Welt sieht viel bunter aus, wir könnten jauchzen und singen. Und Appetit haben wir auch keinen mehr. Schlaf? Wozu? Unsere Hochstimmung versorgt uns mit allem, was wichtig ist. Sind wir jedoch auf Entzug, ist das Leiden groß, kreisen unsere Gedanken in einer Endlos-Dauerschleife um unsere Sucht.
Warum ich zweimal fast denselben Text schreibe? Weil ich faul bin? Nein. Tatsächlich ähneln sich Verliebt sein und Drogenrausch ziemlich. Neurophysiologisch betrachtet sind sie sogar gleich. Und sie fühlen sich auch nicht nur gleich an, sie aktivieren zerebral betrachtet dieselben Areale im Gehirn. Sowohl Verliebtheit als auch Drogenrausch verursachen zudem die gleichen neurochemischen Veränderungen. Unser Gehirn produziert in beiden Fällen jede Menge Dopamin, den als Glückshormon bekannten Neurotransmitter. Daher die Euphorie und das Schweben auf Wolke 7. Gleichzeitig sinkt der Serotoninspiegel, was wiederum den Zwangsgedanken zufolge hat. Er er er er er, sie sie sie sie sie, Koks, Koks, Koks, Koks. Und die Stresshormone Adrenalin und Cortisol erschweren zudem das Denkvermögen.
Die Verliebtheit ist ein Rauschzustand ohne eine stofflich gebundene Droge. Ganz schön nüchtern betrachtet, oder? Die Droge ist der Mensch, in den wir verliebt sind. Dabei kommt es gar nicht auf den Menschen an sich an. Oft kennen wir ihn ja noch gar nicht wirklich. Es ist das Bild, das wir von ihm haben. Eigenschaften, die vermeintlichen Gemeinsamkeiten, die rosarote Zukunft, die wir uns ausmalen. Bei Drogen ist es anders. Wir sind nicht in die Droge verliebt. Sehr wohl aber in die Wirkung, die sie auf uns hat.
So sah es zumindest Platon. Solche wunderbaren Einsichten treffen uns ja zumeist durch persönliche Erlebnisse. Auch ein Philosoph wird sich davon nicht freimachen können. Und vielleicht war dies ja Platons Erfahrung mit der Liebe. Aber er hat schon Recht.
Die rosarote Brille des oder der anderen wird dadurch natürlich zusätzlich befeuert. Wir präsentieren uns als äußerst fruchtbare Projektionsfläche. Verliebtsein ist nur selten rational erklärbar. Zuweilen können wir uns im Gegenteil überhaupt nicht erklären, warum wir auf gerade diesen einen Menschen so abfahren. Denn eigentlich passt der- oder diejenige so überhaupt nicht in unser Leben. Da stellt sich dann die Frage nach der Henne und dem Ei. Was kommt zuerst: Der Hormoncocktail oder das Gefühl? Das Gefühl natürlich! Könnte man zumindest meinen. Tatsächlich weiß man es nicht so genau. Es könnte auch genau andersherum sein.
Professor Helmut Schatz, Hormonspezialist und Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (Lehre von den Hormonen), hat daher einen ganz außergewöhnlichen Tipp. Wollt Ihr jemanden erobern, fahrt mit ihm oder ihr Achterbahn. Hier kommt der Körper in einen Erregungszustand, der dem Verliebtsein auf der hormonellen Ebene ähnelt. Unser Körper kann die unterschiedlichen Zustände jedoch nicht auseinanderhalten. Und so könnte er die Erregung stattdessen für Verliebtheit halten. Und schwupps habt Ihr gewonnen. Ob es funktioniert? Probiert es doch einmal aus und berichtet uns von Euren Erfahrungen!
Leider ähneln sich Verliebtsein und Drogenkonsum auch im Entzug. Wie schlimm Liebeskummer sein kann, haben wir vermutlich alle schon einmal mehr oder weniger stark erfahren.
Dieser Zustand kann eine ganze Weile andauern. Irgendwann gewöhnen wir uns an das Leben ohne diese Liebe bzw. diese Droge. Sich zu vergraben hilft nicht. Ganz im Gegenteil brauchen wir jetzt Ablenkung und möglichst viele Gelegenheiten, in denen wir wieder Glückshormone ausschütten können.
Die Psychologin und Drehbuchautorin Conni Lubek schlägt vor, das Entlieben auch tatsächlich als einen Entzug zu betrachten und sich an dieselben Regeln zu halten:
Verliebt zu sein ist toll! Wir befinden ins in einem sprichwörtlichen Rausch. Nun ist Liebe mehr als ein Hormoncocktail. Und wenn Euch das nächste Mal diese wunderbare Geisteskrankheit trifft, genießt sie nach allen Regeln der Kunst. Lasst Euch von Wolke 7 dahintragen und genießt die Achterbahnfahrt der Gefühle.
Aber vielleicht könnt Ihr bewusst zwischendurch auch einmal die rosarote Brille absetzen und Euch Euer Gegenüber genau anschauen. Und verliert Euch nicht. Bleibt bei Euch, bleibt Ihr selbst. Denn irgendwann werdet Ihr Euch ohnehin so zeigen müssen, wie Ihr wirklich seid. Als derjenige oder diejenige wollt Ihr schließlich auch geliebt werden.
Und um aus der Verliebtheit Liebe werden zu lassen, müsst Ihr Euch auf sie einlassen und sie zulassen. Das ist jedoch ein Schritt, den viele nicht gehen. Das Verliebtsein ist doch so viel aufregender als die ruhige Liebe danach. Es ist eben der schnelllebige Rauschzustand. Wir sind verliebt ins Verliebtsein. Schon einmal darüber nachgedacht?