Stalking – Sieben wichtige Hilfen für Betroffene

Auf Netflix ist Anfang Januar eine neue Serie angelaufen. Ich muss gestehen, dass ich als Serien-Junkie schon einen Blick hineingeworfen habe. Und das, obwohl ich mir wie üblich im Vorwege ein paar Rezensionen durchgelesen hatte. Ups, wer ruhig schlafen möchte, solle besser die Finger von der Serie lassen, heißt es dort. Denn „You – Du wirst mich lieben“ behandelt ein hochbrisantes Thema, gerade in unseren digitalen Welt. Der smarte Stalker und wahre Psychopath Joe Goldberg wickelt die unsichere Guinevere Beck um den Finger, macht sie emotional abhängig. Und wie kann er das so gut? Indem er zuerst ihre öffentlichen sozialen Netzwerle durchforstet und sich später ungehinderten Zugriff auf ihr Smartphone verschafft. Er weiß alles über sie und setzt dieses Wissen geschickt ein. Dass der Stalker dabei auch ein paar Leichen im Keller hat, ist in der Realität vielleicht nicht Usus. Aber es gibt genügend Parallelen, die uns auch so das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Von aufmerksam zu gefährlich in kürzester Zeit

Von außen betrachtet kann es auch im wahren Leben zuerst nach der großen Liebe aussehen. Sie erhält Liebesbriefe, Liebesmails, Geschenke, er steht unvermutet vor ihrer Tür oder schickt ihr Blumen ins Büro. Vielleicht spricht er sogar mit den Kolleginnen und Kollegen, versucht diese in Nettigkeiten einzuwickeln. „Ach, der ist aber nett“, denken sie, die Kollegen und die Freunde. Mit „Sei doch nicht so, er mag dich offensichtlich sehr gern. Gib ihm doch noch eine Chance!“ wollen sie sie ermuntern. Dass sie aber unter dieser Aufmerksamkeit leidet, dass er in ihre Privatsphäre eindringt und sie zunehmend terrorisiert, das bemerken sie nicht. „Hab’ dich doch nicht so.“

Und genau das ist für viele Stalkingopfer ein großes Problem. Denn sie werden häufig nicht ernstgenommen. Dabei geht Stalking an die Substanz. Oftmals wird beschimpft, beleidigt, gemobbt, verfolgt, schlecht geredet und mit Gewalt gedroht. Auch das Internet wird zunehmend zum Schauplatz von Mobbing und Intrigen. Hierfür gibt es den Begriff Cyberstalking. Die daraus entstehende Hilflosigkeit und die Angst wirken sich enorm auf die Lebensqualität und die psychische Gesundheit aus. Die Auswirkungen posttraumatischer Belastungsstörungen machen sich noch Jahre später in Form von Angstzuständen, Schlafstörungen oder Panikattacken bemerkbar.

Die Täter können ehemalige Lebenspartner, Bekannte oder auch völlig Fremde sein. Meistens sind es Menschen, die zurückgewiesen wurden oder sich ungerecht behandelt fühlen. Unter den Opfern befinden sich übrigens nicht nur Frauen. Männer haben ebenfalls unter den Attacken zu leiden. Diese sind allerdings mit einem Fünftel deutlich in der Minderzahl. Till Schweiger ist ein prominentes männliches Opfer.

Sieben wichtige Schritte auf dem Weg in die Freiheit

Wenn du dich selbst belästigt fühlst, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Gegenwehr. Solltest du dies in deinem Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis bei anderen erleben, scheue dich nicht, Hilfe anzubieten. Auch du kannst informieren und unterstützen. Jede Hilfe ist willkommen!

1.    Sofortiger Kontaktabbruch

Brich den Kontakt, sofern dieser vorher bestand, sofort ab. Lass dich auf keinen Fall in Gespräche verwickeln. Wer bereits angefangen hat, jemand anderen zu terrorisieren, ist nicht empfänglich für vernünftige Argumente. Du kannst nur verlieren. Wenn der Stalker oder die Stalkerin anruft, nimm die Gespräche deshalb gar nicht erst entgegen! Konsequenz ist oberstes Gebot. Mit jedem erfolgreichen Telefonat fühlt sich der Täter oder die Täterin in seinem oder ihrem Vorgehen bestätigt.

Das ist nicht immer einfach. Die Menschen, die dir wichtig sind, hast du sicherlich in deinem Telefon bereits namentlich abgespeichert. Und wenn gar nichts hilft, dann besorge dir einen neuen Telefonanschluss oder eine neue Sim-Karte.

2.    Keine Blumen oder Geschenke annehmen

Familie, Freunde Arbeitskollegen oder Nachbarn können dir auch dabei helfen, wenn Blumen oder andere Geschenke geschickt werden. Denn du bist ja nicht immer Zuhause oder im Job am Platz. Dann können Lieferungen hierher zwar ebenfalls dokumentiert, aber gleichzeitig auch abgelehnt werden. In manchen Fällen werden keine Geschenke geschickt, sondern Waren bestellt, die dann der Empfänger bezahlen muss. Erwartest du tatsächlich Post, kannst du dich zum Beispiel an einer Packstation anmelden und dir die Sachen dorthin schicken lassen.

3.    Keine Beantwortung von Briefen oder Mails

Das Gleiche gilt für Briefe und Emails. Auch hier gilt es, auf diese nicht einzugehen. Bei Emails kannst du den Absender oder die Absenderin in den Einstellungen deines Accounts blockieren. Notfalls musst du dir eine neue Email-Adresse zulegen. Das ist besonders für diejenigen einschneidend, die Telefon und Email beruflich nutzen. Aber alles ist besser, als ständig durch Beschimpfungen oder Beleidigungen aus dem Gleichgewicht gebracht zu werden. Briefe kannst du mit dem Poststempel auf dem Umschlag aufbewahren, empfangene Emails ausdrucken oder abspeichern. Damit können diese im Rahmen einer polizeilichen Ermittlung als Beweisstücke gelten.

4.    Schlösser austauschen

Manche Stalker verfolgen ihre Opfer bis vor die Haustür oder versuchen gar, in die Wohnung oder das Haus einzudringen. Sollte der Täter oder die Täterin während einer Beziehung einen Schlüssel zu deinem Zuhause gehabt haben, solltest du die Schlösser austauschen.

5.    Keine persönlichen Papiere in den Hausmüll

Achte darauf, was du in den Hausmüll wirfst! Kontodaten, persönliche oder geschäftliche Korrespondenz sowie alles andere, auf dem dein Name steht, sollte anders entsorgt werden. Denn ein Stalker oder eine Stalkerin kann auch hier versuchen, etwas über dich und dein Leben herauszufinden. Auch wenn es manchmal Überwindung kostet oder du befürchtest, nicht ernstgenommen zu werden: Sprich mit deinem Umfeld über die Ereignisse. Es ist immer wichtig, Unterstützung zu haben. Notfalls hast du auch eine Möglichkeit, Schutz zu suchen, wenn die Angriffe überhand nehmen.

6.    Im Notfall den Notruf wählen

Mittlerweile gibt es eine größere Sensibilität gegenüber dem Thema Stalking. Beratungsstellen und speziell geschulte Polizisten informieren und bieten Hilfestellung an. Wenn du gar nicht mehr weiter weißt oder dich in einer akuten Notsituation befinden, wähle den Notruf 110! Dort kannst du dich auch beraten lassen, ob eine Fangschaltung, eine geheime Telefonnummer oder ähnliches in Frage kommt.

7.    Anzeige erstatten

Scheue dich nicht, Anzeige zu erstatten. Laut der polizeilichen Kriminalprävention zeigt ein „schnelles und konsequentes Einschreiten der Polizei gegen den Stalker Wirkung.“ Die Belästigungen hören nach einer Anzeige häufig tatsächlich auf. Denn dies zeigt dem Täter oder der Täterin nicht nur, dass du es ernst meinst. Es macht ihnen auch bewusst, dass ihr Handeln kein Kavaliersdelikt ist, sondern sie gegen geltendes Gesetz verstoßen. Eine einstweilige Verfügung/Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz verbietet es dem Täter oder der Täterin, „sich in einem bestimmten Radius der Wohnung, dem Arbeitsplatz oder anderen möglichen Orten, an denen sich das Opfer aufhält, zu nähern oder sich in einem bestimmten Umkreis aufzuhalten. Außerdem können Kontaktaufnahmen per Telefon, Internet, SMS, Brief, über Dritte usw. untersagt werden.“

Du entscheidest, was genug ist

Wann eine bestimmte Grenze erreicht ist, entscheidest du selbst und niemand anders. Lass dir da auch nicht hinein reden. Wir sind alle unterschiedlich stark belastbar. Was die einen noch locker wegstecken, versetzt die anderen schon in Panik. Lass dir helfen und versuchen nicht, die Situation im Alleingang durchzustehen!

Veröffentlicht auf idee für mich

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